Was bringen die „Religionen“?

„Im Namen Gottes bringe jede Religion der Welt Gerechtigkeit und Frieden, Vergebung und Leben, Liebe!“
Diese Worte, die Joh.Paul II beim ersten Interreligiösen Gebetstreffen in Assisi am 27. Oktober 1986 gesprochen hatte, wurden am Ende des diesjährigen interreligiösen Treffens in Assisi von Benedikt XVI. wiederholt. Auch der Vorsitzende der „Deutschen Bischofskonferenz“, Zollitsch, zitierte diese Worte in seiner Erklärung zum diesjährigen Gedenktag.
Solche Aussagen erreichen unser Ohr als Allgemein-Floskeln, die von jedem von uns Zustimmung zu erheischen scheinen – wer kann schon gegen Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben oder Liebe sein? – die aber auch im Angesicht Gottes, von dem ja gesprochen wird, auf ihren Wert hin überprüft werden müssen, wenn es darum geht, sie zu verstehen und so sinnvolle und klare Folgerungen über Gott, den Menschen und die Religion daraus ableiten zu wollen.
Dabei fällt auf, dass hier Begriffe zusammengestellt werden, die in diesem Zusammenhang nicht klar bestimmt sind. Soll „Religion“ die echte und wahre Rückbindung an Gott bezeichnen, könnte damit nur der wahre Glaubensgehorsam gegenüber Gott, der sich uns offenbart hat, gemeint sein. Indem man aber von „jeder Religion“ spricht, wird diese Eindeutigkeit verneint und die Aussage scheint allgemein auf eine Art Verehrung irgendeines (höchsten?) (geistigen?) Wesens bezogen. Dies scheint bei dieser Veranstaltung im Hinblick auf die eingeladenen Personen auch gemeint zu sein.
Jedoch: Wird nicht gesagt: „Im Namen Gottes“? Dann kann doch nur wieder der eine und wahre Gott gemeint sein!?
Soll damit behauptet sein, dass alle Religionen den Anspruch erheben können, im Namen Gottes zu lehren und zu handeln? – Woher kommen dann die großen Unterschiede in den sittlichen und religiösen Lehren, die man nicht einfach alle unterschiedslos Gott zusprechen kann, ohne dass man Gott selbst in Seiner Einheit und Heiligkeit leugnen würde? Ein merkwürdig schillernder Begriff von Gott und von Religion wird hier offenbar, der weder in der Vernunft noch im christlichen Glauben seinen Ursprung haben kann!
So ist der Satz als Ganzes eine recht merkwürdige Zusammenstellung. Denn es stimmt, dass im Namen Gottes der Welt Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben und Liebe gebracht werden, dies ergibt sich aus der Vorstellung des wahren Gottes und Schöpfers der Welt.
Wenn aber beigefügt wird: „jede Religion“, dann wird diese Vorstellung des einen und wahren Gottes schon wieder widerlegt. Dann fragt sich aber auch, wie dann ohne die vollkommene Güte, die nur der wahre Gott schenken kann, wahre Gerechtigkeit, wahrer Frieden, wahre Vergebung, wahres Leben und wahre Liebe gefunden werden sollen.
Es wird also in der Aussage nicht klar zwischen der Auffassung von Religion als Verehrung des wahren Gottes und Religion als Verehrung irgend eines beliebigen Wesens unterschieden. Damit ist die Aussage nicht vernunftgemäß und wird deshalb so auch nirgends in Schrift und Überlieferung gefunden. Die Heilige Schrift des Alten wie des Neuen Testaments spricht nirgends davon, dass alle Religionen unterschiedslos Heil und Frieden bringen können. Denn das kann nur Gott selbst, wenn wir Ihm, der Wahrheit selbst, und damit auch Seiner Kirche gegenüber gehorsam sind!
Richtig könnte nur gefordert werden, dass im Namen (des wahren) Gottes jeder einzelne berufen ist, mit aller Kraft für Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben und Liebe auf der Welt mitzuwirken!
Nicht die (beliebige) Religion, sondern nur der einzelne Mensch ist zur Umkehr fähig. Und dies nur im Namen Gottes! Wenn aber nur im Namen Gottes, dann könnte nicht mehr von jeder, sondern nur von der einen und wahren Religion die Rede sein, die – in der Gnade Gottes – dazu befähigt, wirkliche Gerechtigkeit, wahren Frieden, wahre Vergebung, wirkliches Leben und wahre Leben in seinem Tun zu realisieren.
Auch wenn es stimmt, was Christen schon in den ersten Jahrhunderten anerkannt haben, dass auch unter den Heiden Spuren der Wahrheit und der Sehnsucht nach ihr zu finden sind, so kann es „im Namen Gottes“ doch nie darum gehen, dass einfach jede Religion Heil und Segen hervorbringen möge! Dies kann sie gar nicht und dies würde die Bekehrung zum wahren Gott als überflüssig erscheinen lassen, ohne den es aber wahres Heil und wahren Frieden gar nicht gibt!
Die Idee, die den Assisi-Treffen seit 1986 anhaftet, dass einfach die „radikale Treue zu den jeweiligen religiösen Überlieferungen … heute mehr denn je ein Erfordernis des Friedens" sei, wie es Joh. Paul II. beim "Angelus" am 21. September 1986 vor dem interreligiösen Treffen damals ausgedrückt hat, ist deshalb nicht haltbar. Sie widerspricht der wahren Gottesverehrung und der wahren Gottesliebe!
Auch nach der Heiligen Schrift führen die „Religionen“ nicht einfach zur Wahrheit, zu Gott und zum Guten. Sie sind vielmehr eine Gefahr, sofern sie von der Wahrheit und der wahren sittlichen Bekehrung auch abhalten, die nur in der Liebe zum wahren Gott möglich ist. Wer von Gott nicht mehr im Sinn Seiner Offenbarung spricht, der spricht gar nicht mehr von Ihm! Das ist die Heimtücke hinter jeder religiösen Halbwahrheit!
Hier zeigt sich, warum die wahre Kirche sich nicht mit jeder x-beliebigen Religion auf eine Stufe stellen lassen kann. Eine Konzeption von „allgemeiner“ Religion, die alle Religionen umgreifen und zugleich allen Religionen dieselben Funktionen und dasselbe Heilswirken zuschreiben will, zerstört die wahre Religion, von der sie sich ja abkehrt.
Es macht sehr traurig, wenn in Assisi 1986 und in den vielen Folgeveranstaltungen, die sich auf Assisi 1986 beriefen, die Menschen aufgerufen wurden, falsche Götter zu verehren und falsche Kulte zu vollziehen, 1986 sogar mitten in katholischen Gotteshäusern!
Auch diesmal kam es zu mindestens einer solchen öffentlichen Huldigung eines Götzen „Olokun“, als „Gott“ des Meeres, des Wohlstands und der Fruchtbarkeit verehrt in der Religion der Yoruba in Westafrika, von der sich die bekannten Vodoo-Kulte über die ganze Welt hin heute ausgebreitet haben. Auch diesmal geschah es in einer Kirche, in Santa Maria degli Angeli drei Kilometer unterhalb von Assisi, welche die Portiunkula-Kapelle beherbergt, die vom heiligen Franz von Assisi mit eigenen Händen auf das Geheiß Jesu hin wieder aufgebaut wurde und in welcher er auch verstarb. (Sie ist bekannt durch den Portiunkula-Ablass, den man am 2. August, am Tag ihrer Einweihung, gewinnen kann, worum der hl. Franz 1216 Papst Honorius gebeten hatte.)
Ein Christ weiß, dass Friede, Gerechtigkeit, Vergebung, Leben und Liebe im Munde Jesu viel mehr sind, als das, was sie der Welt bedeuten! „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch (Joh.14,27), sagt Jesus ausdrücklich. Sein Friede ist weit mehr als nur äußere Ruhe der Waffen, nämlich Friede und wahre Aussöhnung mit Gott und mit dem Nächsten in der Tiefe der Herzens, Gerechtigkeit, die Er gibt, bedeutet nicht nur die Zuteilung von Gütern, sondern die gnadenhafte Anteilnahme am heiligen Wirken Gottes in der Seele und in der Welt. Vergebung ist christlich verstanden nicht nur ein äußeres Zudecken von Fehlern, sondern die Annahme und Weitergabe der Barmherzigkeit Gottes zusammen mit dem Bemühen um Wiedergutmachung alles Bösen, Leben ist nicht nur das irdische, sondern das himmlische der vollkommenen Erfüllung, und Liebe im Sinn Christi ist nicht nur die vordergründige „Sympathie“, sondern das Ergreifen und Ergriffen-Sein von allem Guten, das aus Gottes Liebe kommt, die umfassende Bejahung, Wertschätzung und Hingabe, die kein Ende und keine irdischen Grenzen mehr kennt!
Kann ein Christ vergessen, dass dies seine Sendung ist, diese wahre Liebe, dieses wahre Leben, diese wahre Vergebung, diesen wahren Frieden, diese wahre Gerechtigkeit der Welt nicht vorzuenthalten, sondern sie überall hin zu bringen, weil die Welt und all ihre „Religionen“ diese wahren Güter, die allein der wahre Gott uns schenkt, nicht selbst hervorbringen können? Wurde das Bewusstsein dieser Sendung in Assisi sichtbar?
Und selbst wenn man einräumt, man könne nicht überall diese Botschaft vermitteln, oft ginge es darum, einfach im irdischen Sinn Frieden zu erreichen, indem man die Gewalt zurückdrängt, selbst dann muss man fragen, ob dieses Ziel angestrebt werden darf mit Hilfe eines Aufrufs zum Kult falscher Götter!
Um Frieden haben sich die wahren Christen im Umgang mit ihren Mitmenschen seit den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte, soweit es in ihrer Kraft lag, immer bemüht! Hier gibt es nichts „Neues“, das man mit einem „Jubiläum“ in Assisi eigens feiern müsste.
Soll mit dem sogenannten „Geist von Assisi“ aber ein neues Verständnis von „Religion“ und „Gott“ in freimaurerischer Gleichmacherei aller Religionen gefeiert werden, dann hat dies nichts mehr mit Vernunft und Christentum zu tun und wird auch niemals den wahren Frieden auf die Erde bringen!
Ein solches Bemühen setzt die wahre Liebe und Gnade Gottes auf die Seite, ein solches Tun zerreißt das Herz jedes aufrichtigen, nach Wahrheit strebenden und Gott liebenden Herzens!
Manche wenden ein, die Religionen sollen durch die Assisi-Treffen durch die Konfrontation mit sittlichen Werten von innen heraus erneuert werden. Doch wie soll dies gelingen, wenn die Religionen einfach „Religionen“ bleiben sollen, wenn nicht die Bekehrung der einzelnen Menschen zum wahren Gott gefördert wird? Auch bei dieser „Rechtfertigung“ bleibt die wahre Liebe zu Gott und zum Nächsten auf der Strecke!
"Im Namen Gottes bringe jede Religion der Welt Gerechtigkeit und Frieden, Vergebung und Leben, Liebe", wurde verkündet.
Alle Religionen sollen nun "Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung und Leben, Liebe", bringen? Also, nicht mehr Christus ist unser Heil, nicht wir Menschen sollen uns bekehren, sondern die Religionen sollen offenbar bestehen bleiben und - anscheinend auch ohne Christus - das Heil bringen können?
Bringen wirklich "die Religionen" Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben und Liebe, wie bei den Assisi-Treffen immer wieder unterstellt wurde? Ist es nicht vielmehr so, dass nur die Hinwendung zum wahren Gott Liebe und Versöhnung bringen kann, worauf sich sogar die Christen immer wieder neu besinnen müssen, um nicht den Namen Christi zu missbrauchen?
Wird nicht auf diese Hinführung zum wahren Gott verzichtet, wenn Joh. Paul II. für Assisi 1986 zu heidnischen Kulten aufforderte und unterschiedslos "die radikale Treue zu den religiösen Traditionen" einforderte?
Bitten wir die Muttergottes, bitten wir den heiligen Franz, bitten wir alle Engel und Heiligen, dass sie die Verantwortlichen solcher Veranstaltungen zur Einsicht bringen, dass man nicht Gott verehren kann, indem man zum Kult falscher Götter aufruft, und dass es nicht darum geht, von falschen Göttern und Religionen Frieden, Gerechtigkeit, Vergebung, Leben und Liebe zu erhoffen und zu erwarten, sondern darum, die wahre Gerechtigkeit, den wahren Frieden, die wahre Vergebung, das wahre Leben und die wahre Liebe im wahren Gott zu finden, der allein diese großen und wunderbaren Gaben uns schenken kann!
Jesus betont, dass man Gott in Geist und in der Wahrheit (!) anbeten muss (Joh. 4,23). „Flieht den Götzendienst!“, sagt Paulus aus diesem Grund. „Was die Heiden opfern, das opfern sie den bösen Geistern und nicht Gott!“ (1Kor. 10,14.20). „Zieht nicht mit den Ungläubigen an einem Joch! Denn was haben Gerechtigkeit und Gottlosigkeit miteinander zu tun? Was haben Licht und Finsternis gemein? Wie stimmen Christus und Belial zusammen? Was hat der Gläubige mit dem Ungläubigen zu schaffen? Wie verträgt sich der Tempel Gottes mit Götzen?“ (2Kor. 6,14-16).

Thomas Ehrenberger

 

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